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Schönheit der Vielfalt

Als ich einen Artikel las, in dem sich ein junges Paar getrennt hat, weil es unterschiedlichen Konfessionen angehörte und Uneinigkeit darin bestand wie nun das gemeinsame Kind getauft werden soll, fragte ich mich – wieder einmal – warum?

Dieses “Warum?” kreist jetzt nicht speziell um die Frage von Konfession, Theologie etc. Sondern darum, warum sich Menschen hermetisch abriegeln und sich “zwanghaft” unterscheiden wollen. Hierbei kommt es dann zu dem Phänomen, dass sich der Einzelne unter Gleichen wiederum verstanden fühlt und sich doch abgegrenzt anderen gegenüber.

Dann blicke ich auf mich selbst und merke, dass ich ganz genauso bin! Ich komme beispielsweise überhaupt nicht damit “klar”, dass die Bibel (oder andere heilige Texte) von anderen wortwörtlich verstanden werden (oder was man auch immer unter “wortwörtlich” versteht). Komme nicht “klar” mit dem Erlösungsgedanken, Jesus also als meinen persönlichen(?) Erlöser und Retter zu bekennen. Komme nicht “klar” damit, dass Homosexualität abgelehnt wird (seitens der Religion oder der säkularen Gesellschaft).

Jetzt bin ich in der bequemen Lage, dass mein Umfeld als Gruppe ähnlich denkt und da wäre ich wieder am Anfang.

Was ist dieses “nicht klarkommen mit”? Es drückt ein Unverständnis dem Anderen gegenüber aus. Schlicht und einfach: Ich verstehe mein Gegenüber in seinen Standpunkten nicht. Und manchmal will ich es auch einfach nicht. Dann schmeiß ich einfach ihm/ihr die Tür vor der Nase zu und gut ist.

Ambiguitätstoleranz ist das Tolerieren von Vielfalt (einfach ausgedrückt). Hier ist nicht die Warenhaus-Vielfalt gemeint, die, wenn man genau hinsieht, ja gar nicht so vielfältig ist. Es ist die Vielfalt in den Möglichkeiten gemeint. Das schließt Religion, Sexualität, Ethnie, Kultur, Bildung, einfach alles mit ein. Dabei empfinde ich Toleranz als ein “Ertragen” eigentlich als zu wenig. Akzeptanz zu erreichen ist das Ziel und auch hier bin ich auch noch weit weg.

Akzeptanz der Vielfalt an Möglichkeiten innerhalb des Christentums bzw. Religion: Besteht da nicht die Gefahr von Beliebigkeit, wenn sich im Laufe der Zeit die Grenzen verschieben oder gar verschwinden? Akzeptiere und anerkenne ich den Anderen in seiner Vielfalt, so nehme ich die Unterschiede als Bereicherung wahr und baue diese ganz unwillkürlich in mein eigenes Weltbild mit ein. Dann verschwimmen die Unterschiede allmählich und… Ja, dann hat man eine Vielfalt in der Einheit.

Vielfalt in der Einheit, damit meine ich schlicht die Aneignung von Diversität zur eigenen als auch zur gesellschaftlichen Bereicherung. Nicht Multikulti. Multikulti hat mehr etwas von “Zoo” als von Bereicherung. Ich beschaue ja einfach nur das Andere, das Fremde zur eigenen “Belustigung”. Aber es bereichert mich nicht. Eine Bereicherung wäre es, wenn ich AKTIV am Leben des Anderen teilhabe. Z.B. besucht man nicht einfach nur einen jüdischen/muslimischen/freikirchliche/katholischen/usw. Gottesdienst, nein, man betet aktiv mit, singt mit (ok, singen ist nicht so mein Ding, aber ich hör gern aktiv zu… ;)). Ich lass es einfach zu, dass es mich berührt.
Mit Homosexualität das Gleiche: Ich lasse die Schönheit und das Wunder der Liebe zwischen zwei Menschen einfach zu – oder wie auch immer sie Beziehung leben und lieben wollen. Ich kann dadurch so unglaublich viel auch für meine eigene/n Beziehung/en lernen.

Wenn ich Dinge ablehne die auf Liebe, Akzeptanz/Toleranz usw. basieren, dann verpasse ich so unglaublich viel im Leben. Dann verpasse ich das Leben an sich, in dem sich Gott, der die Liebe IST, auf so verschiedene Weise offenbart. Das will ich nicht verpassen, aber ich muss daran arbeiten mich berühren zu lassen und ich habe noch einen weiten Weg vor mir. Dieser ist oft wirr und die Tür am Ende klein, doch ich versuche mich klein zu machen – und scheitere oft daran – um durchzupassen.

Foto von Wallace Araujo von Pexels https://www.pexels.com/de-de/@wallace-araujo-1882815