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Jesus stillt den Sturm

Mt. 8, 23, Mk. 4, 35 und Lk. 8, 22. Alle drei Evangelisten erzählen uns vom gleichen Ereignis: Jesus fährt mit seinen Jüngern auf den See. Ein Sturm kommt auf. Wellen schlagen ins Boot. Sie drohen zu kentern. Doch Jesus schläft! Seine Jünger wecken ihn. Todesangst in ihren Gesichtern. Jesus aber bleibt cool, droht dem Wind und Windstille tritt ein… Kein Einziger kann fassen, was gerade passiert ist.

Das Kapitel wird gemeinhin mit „Jesus stillt den Sturm“ überschrieben. Und ja, er stillt ihn, natürlich. Er ist der Sohn Gottes dem alles möglich ist…

Ehrlich gesagt, ich habe mit Wundern so meine Probleme. Sie verschleiern den sozialen Aspekt fast jeder Erzählung. Machen das Ereignis profan, ja, langweilig. Wie ein Witz ohne Pointe. Dabei ist es nicht minder wunderbar, ersetzt man das Wunder durch das selbstsichere Eingreifen eines in Gott ruhenden Mannes:

Jesus und seine Jünger besteigen ein Boot: Fischer, Zöllner, Zeloten… Alle beisammen. Ein Sturm kommt auf. Dieser Sturm bedroht das Leben aller an Deck. Panik bricht aus. Einen kühlen Kopf hat keiner mehr, bis auf einen… Jesus schläft. Schläft? Ja genau! Jesus macht sich keinerlei Sorge. Aber warum? Weil er seinen Jüngern vertraut! Vertraut ihren Fähigkeiten, vertraut ihnen auch in schwierigen Situationen bestehen zu können.
Seine Jünger geraten immer mehr in Panik, ja Todesangst und wecken ihn. Werfen ihm vor wie er denn jetzt schlafen könne! Der äußere Sturm ist zu einem inneren geworden. Einem Sturm von Angst und Unsicherheit. Jesus, leicht genervt, steht auf. Stellt sich schwankend vor seine Jünger. Schreit in den Sturm hinein: Wir haben hier Fischer! Fischer, deren Leben der See ist! Petrus, Andreas! Ihr seid Fischer, kennt all die Schrecken des Sees! Und ihr wollt mir weismachen, dass ihr einem Sturm wie diesem nicht Herr werdet? Ihr kennt dieses Boot, ihr kennt den See! Ich vertraue euch mein Leben an, auch eure Freunde tun dies, denn sie wissen, ihr seid Seeleute!
Beiden Jünger, plötzlich still, wird bewusst, dass sie sich vom inneren Sturm der anderen haben mitziehen lassen. Jetzt sehen beide wieder klar und… bringen das Boot mitsamt der Besatzung sicher ans andere Ufer.

Äußere Stürme werden oft durch die Inneren Stürme verstärkt. Angst und Unsicherheit in die eigenen Fähigkeiten können lähmen, gerade wenn man sich dem Unbekannten aussetzt. Der Glaube eines Menschen in die Fähigkeiten des/der anderen ist dann mehr als bloße Motivation. Jesus, der den Glauben an seine Jünger nicht verlor, gab ihnen dadurch das Vertrauen in sich selbst zurück. Jesus beruhigte einen Sturm aus Angst, aus Unsicherheiten, aus fehlendem Selbstvertrauen. Als sich der Sturm legte, wunderten sich alle, wie dieser Mann, so klar, so kraftvoll an ihre Fähigkeiten glauben konnte im Angesicht des sicheren Untergangs. Im Angesicht des Scheiterns.

Jesu Antwort – bei allen Synoptikern – ist vorwurfsvoll und liebevoll zugleich: Ist euer Glaube denn so klein?
Und ich möchte die Frage etwas umändern: Ist euer Vertrauen in euch, in euch als Gemeinschaft denn so klein?

Denn zusammen haben wir alles. Alles um in den meisten Situationen bestehen zu können. Doch fehlt uns oft das Vertrauen in uns und in unsere Nächsten. Als Gemeinschaft, als Gesellschaft haben wir alles! Doch im Glauben allein zu sein, schreien wir um Hilfe. Doch wir sind nicht allein; nur blind im Sturm unserer Ängste und Unsicherheiten.

Foto: https://www.pexels.com/@jplenio